Lautloser Kurs

Hochkonzentriert verfolgen die Teilnehmer des ersten Kurses Deutsche Gebärdensprache der Hochschule Wismar wie Gebärdensprach-lehrerin Pamela Sundhausen lautlos kommuniziert.
Foto: Hochschule Wismar
Connie Fischer, Ansprechpartnerin für Studierende mit Behinderungen, chronischen oder psychischen Erkrankungen kann nach den ersten Kursstunden „Wie geht´s?“ fragen.
Foto: Hochschule Wismar
Die beiden Kursteilnehmer Connie Fischer und Nico Schreiber versuchen sich - noch mit Unterstützung der Gebärdendolmetscherin Pamela Sundhausen - nur mit Gebärden zu verständigen.
Foto: Hochschule Wismar
Student Josias Liedholz nutzt das Fingeralphabet, um während der Vorstellungsrunde seinen Namen zu vermitteln. Er ist wie alle Teilnehmer des ersten Deutsch-Gebärdensprachkurses der Hochschule Wismar mit viel Spaß dabei.
Foto: Hochschule Wismar

(Wismar) Ein Seminarraum, eine Dozentin und zwölf Teilnehmer eines Sprachkurses –jedoch kein einziger Laut ist zu hören. Dafür sind alle Beteiligten hochkonzentriert mit dem Üben von Gebärden beschäftigt und den Versuchen sich damit zu verständigen. Denn erstmals in der Geschichte der Hochschule Wismar wird neben den obligatorischen fachsprachlichen Modulen sowie zahlreichen wahlobligatorischen und studienbegleitenden Kursen im laufenden Sommersemester 2017 ein ganz spezieller Kurs angeboten, der Gebärdensprachkurs für Anfänger „Deutsche Gebärdensprache A1“. Damit wird die Hochschule Wismar ihrer Vorbildfunktion als Bildungseinrichtung gerecht und nimmt im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern eine Vorreiterrolle unter den Hochschulen ein.

Mehr als ein Sprachkurs
Dieser Gebärdensprachkurs ist eine Ergänzung des Fremdsprachenangebotes Englisch, Französisch, Spanisch, Schwedisch, Russisch, Chinesisch, Arabisch, Italienisch und Niederländisch, fachbezogen oder allgemeinsprachlich, für Neueinsteiger, Fortgeschrittene und Intensivsprecher. Er wurde gemeinsam von der Behindertenbeauftragten und dem Sprachenzentrum initiiert. Zu den zwölf Teilnehmern dieses ersten Kurses gehören Studierende ebenso wie Dozenten, Mitarbeiterinnen der Studienberatung oder verschiedener Servicebereiche. Und alle sind Neueinsteiger, die sich aus ganz unterschiedlichen Gründen von der staatlich geprüften Gebärdensprachdozentin Pamela Sundhausen in die Welt der Gehörlosen einführen lassen. Mit dabei ist Connie Fischer, die sich als Ansprechpartnerin für Studierende mit Behinderungen, chronischen oder psychischen Erkrankungen auch darauf vorbereiten möchte, dass sie in direkten Kontakt mit Gehörlosen tritt. „Natürlich kann man heutzutage dank mobiler Endgeräte nahezu überall digital kommunizieren, also schreiben statt sprechen. Aber es ist für mich nicht nur ein Zeichen von Respekt, sondern auch von Höflichkeit sich in einer Fremdsprache vorstellen, bedanken oder um etwas bitten zu können.“ Dem stimmt Nico Schreiber, Schwerbehindertenvertreter an der Hochschule Wismar, zu. Denn während seiner Arbeit in der Lehrmittelzentrale hat auch er viel persönlichen Kontakt zu Studierenden und Dozenten. Nach den ersten Kursstunden ist der Mitarbeiter sich sicher, dass er auch während der weiteren fünf Kurstermine viel lernen und dabei eine Menge Spaß haben wird. Die Initiatoren hoffen, dass dieser Kurs ein deutliches Zeichen für die Akzeptanz der Deutschen Gebärdensprache auch außerhalb der Gehörlosengemeinschaft setzen wird und das Interesse an anderen Lehreinrichtungen weckt.

Inklusion und Barrierefreiheit an der Hochschule Wismar
Nicht nur der Anfängergebärdensprachkurs war kurz nach Bekanntwerden ausgebucht, auch die anderen Angebote und Veranstaltungen der Hochschule Wismar, die sich mit Themen rund um Barrierefreiheit befassen, werden gern angenommen. So stellte Anfang 2015 das Rektorat allen Lehrenden der Hochschule ein Leitfaden „Barrierefreies Studium“ zur Verfügung. Darin werden Tipps zur Kommunikation, zur Terminvereinbarung, zur Erstellung schriftlicher Materialien und zur Vermeidung häufiger Barrieren gegeben, die das gemeinsame Studieren und Leben von Menschen mit und ohne Behinderung ermöglichen oder verbessern helfen. Dabei werden viele Bereiche möglicher „Erkrankungen“ angesprochen, das heißt sowohl motorische, chronische und psychische als auch Anfallserkrankungen, Asperger-Autismus oder Lese-Rechtschreib- bzw. Rechenschwäche. 2016 fand der Europäische Aktionstag der Menschen mit Behinderung auf dem Campus statt, den viele Betroffene und Interessierte aus dem gesamten Landkreis mitgestalteten und besuchten. In Lehre und Forschung sind Themen rund um Barrierefreiheit und Inklusion seit Jahren Bestandteil. Exemplarisch sei hier das jüngste studentische Projekt „Entwürfe zur Inklusion und typologischen Neustrukturierung der Eldekinder Grundschule Grabow“ genannt, das Pilotcharakter für die Schulen Mecklenburg-Vorpommerns hat. Auch unsere KinderUni hat zur nächsten Vorlesung am 31. März 2017, die Gebärdendolmetscherin Laura M. Schwengber zu Gast, die gemeinsam mit den jüngsten Studenten sogar den Songtext vom „König der Löwen“ einstudiert.

Deutsche Gebärdensprache
Seit 2002 ist die Deutsche Gebärdensprache als eigenständige Sprache in Deutschland anerkannt. Menschen mit Hörbehinderungen (gehörlose, ertaubte und schwerhörige Menschen) und Menschen mit Sprachbehinderungen haben nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht die Deutsche Gebärdensprache, lautsprachbegleitende Gebärden oder andere geeignete Kommunikationshilfen zu verwenden. Das heißt, dass zunehmend im Beratungsalltag auch gebärdende Menschen zu erwarten sind.
Auch die Hochschule hat als Bildungseinrichtung eine Vorbildfunktion und übernimmt in diesem Fall praktisch eine Vorreiterrolle im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Eine kleine bundesweite Umfrage unter den Sprachenzentren der Hochschulen hat ergeben, dass spezielle Sprachkurse als große Bereicherung des Angebotes wahrgenommen werden. So qualifizieren die Universitäten in Berlin, Bonn und Erlangen beispielsweise Interessenten dreistufig vom Anfänger bis zum Anwender.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte direkt an das Sprachenzentrum der Hochschule Wismar, Name Ina Gray Telefon: 03841 753- 76 37 bzw. E-Mail: sprachenzentrum@hs-wismar.de oder die Behindertenbeauftragte Dr. Antje Bernier Telefon 03841 71 85 bzw. E-Mail behindertenbeauftragte@hs-wismar.de.


Verwandte Nachrichten


Zurück zu allen Meldungen