Validierungsregeln im Meldewesen der europäischen Bankenaufsicht
Vortrag von Diplom-Wirtschaftsinformatiker Martin Seip,
Tträger des Gottlob-Frege-Preises 2019
Landesbank Hessen-Thüringen
Die europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hat den Kreditinstituten in Europa nach der Finanzkrise 2008 detaillierte, eng getaktete Meldepflichten zu ihrer Finanzlage auferlegt. Diese Meldungen sind aufgrund ihrer Detailtiefe und der heterogenen Systemlandschaft in Banken nicht immer frei von Widersprüchen. Die EBA prüft jede Meldung anhand zahlreicher Validierungsregeln bis ins Detail und lehnt unplausible Meldungen ab – etwa, wenn eine eingereichte Bilanz „Aktiva ungleich Passiva“ ausweist oder eine Gesamtposition nicht der Summe ihrer Summanden entspricht. Die Regeln sind in speziellen formalen Sprachen notiert, die an Formeln in Tabellenkalkulationsprogramme erinnern. Dennoch war das Auswerten der Regeln bislang aufwendige, manuelle Arbeit, die sich zudem durch Änderungen der Meldevorgaben und Validierungsregeln häufig wiederholte.
Der Referent hat in seiner prämierten Abschlussarbeit einen Anwendungs-Prototyp entwickelt, der Validierungsregeln der EBA automatisiert „lesen“ (parsen) und auf zur Meldung vorgesehene Finanzdaten anwenden kann. Die Anwendung stellt nicht nur fest, ob die Daten den Validierungsregeln genügen, sondern benennt bei erkannten Widersprüchen auch die genauen Fehlerpositionen sowie deren erwartete Zusammenhänge.
Zum Einsatz kommen ein Parsergenerator, mehrere Grammatiken, Datenbanken und ein C#-Frontend. Der Vortrag stellt Problem, Lösungsansatz und Umsetzung vor und zeigt, wie Freges Gedanken zu formalen Sprachen praktisch einsetzbar sind.